Das Leben kreiselt in uns und um uns herum und bringt uns wieder und wieder an den scheinbar immer gleichen Punkt: Jene Momente, in denen wir das, was wir waren, nicht mehr guten Gewissens unterschreiben können, jedoch das, was wir im Begriff sind zu werden, noch nicht sehen und fühlen können.
Wieder und wieder häuten wir uns und sind aufgefordert, uns neu zu finden. Eins um’s andere Mal knüllen wir alle beschriebenen Notizzettel zusammen (egal, wie sinnvoll, passend oder lieb gewonnen uns unser mühsam zusammengepuzzeltes Bild von uns selbst geworden ist) und beginnen ganz von vorne. Beginnen erneut, unseren persönlichen Mythos zu schreiben. Hinein zu lauschen in das, was unser Herzschlag uns verrät. Unsere Sinne zu weiten, damit wir keine Information verpassen. Es drängt uns nach einer neuen Identität und doch ist sie noch nicht da.
Vielleicht (wahrscheinlich) haben wir in diesen Momenten Angst. Vielleicht (wahrscheinlich) brauchen wir viel Zeit und Unterstützung von anderen, um das, was wir in diesem Prozess zwangsläufig loslassen müssen, zu betrauern. Es ist ein inneres Sterben, das Raum, Geduld und viel Zärtlichkeit gegenüber uns selbst fordert, um gelingen zu können. Es ist ein Aussortieren, das glasklare Unter- und Entscheidungskraft von uns fordert. Und wir brauchen den Mut, jene Schritte wahrhaft zu gehen, für die wir uns innerlich längst entschieden haben.
Wie jedes Mal an diesem „Nullpunkt der Schöpfung“ stellen sich uns dieselben drei Fragen:
Wer bin ich?
Was ist meine Wahrheit?
Wer sind meine Leute?
An einem solchen Punkt befinde ich mich gerade. Ich kann also, um ehrlich zu sein, nahezu nichts darüber schreiben, wer ich bin. Meine Website habe ich heute radikal entrümpelt. Alle Angebote rausgekickt. Jeden Plugin-Schnickschnack, der dem Perfektionismus diente, gelöscht. Alles was bleibt, ist der Blog; gefüllt mit den paar Texten von „vor der Häutung“ (2021-2023). In denen können die aufmerksame Leserin und der aufmerksame Leser vielleicht erahnen, wer ich mal war – falls das überhaupt von Interesse ist, das weiß ich nicht so genau. Mit Sicherheit sind einige Aspekte dabei, die mich auch jetzt noch beschreiben oder die für die eine oder den anderen grundsätzlich inspirierend sein könnten zu lesen. Ich lasse sie mal so stehen, wie sie sind.
Es ist ein Neustart auf vielen Ebenen. Wohin mich dieser Blog führt? Was geschrieben und veröffentlicht sein will? Welche Puzzlestücke wohl zu mir finden werden, jetzt, wo ich (wieder mal) ein so unbeschriebenes Blatt Papier geworden bin?
Ich glaube, es ist das, was ich am Nullpunkt so zutiefst liebe: Er zwingt uns, endlich still zu werden. Zu lauschen. Unser Bewusstsein auszudehnen in diesen Moment zwischen Einatmung und Ausatmung. Nie ist Stille so weit und umfassend, so dicht und leer, so konkret und unbegreiflich wie in diesen Augenblicken, ob wir sie nun im Kleinen oder im ganz Großen erleben. Und genau dieses Lauschen ermöglicht uns eine Sichtweise auf uns selbst und die Welt, zu der unser Verstand uns niemals führen könnte, weil das Lauschen ja viel mehr mit dem Herz zu tun hat.
In einer Welt, in der wir den Verstand vielerorts an den längeren Hebel befördert haben, braucht es das.
Und vielleicht sind das schon ein paar Puzzlestücke von mir, die die Häutung der letzten Monate überstanden haben und sich in meinem mittlerweile ziemlich aufgeräumten „inneren Atelier“ nun noch deutlicher zeigen können: Der unverbrüchliche Glaube daran, dass unser Herz die Wahrheit kennt. Die Wissen, dass diese Wahrheit mit der Verbindung zwischen allem zu tun hat. Und die Ahnung, dass das, was ich nicht verlieren werde – egal wie oft ich noch an diesem Nullpunkt vorbeikomme – mit dem Lauschen zu tun hat. Wieder und wieder mit dem Lauschen.
Vielleicht passt das gerade zu dem, wo du auf deiner Lebensreise stehst. Dann lade ich dich ein, alle Ansprüche an dich für einen kurzen oder langen Moment ruhen zu lassen und zu horchen, ob in der Klarheit der Stille vielleicht eine Erkenntnis für dich liegt.
Es ist in Ordnung, langsam zu sein.
Es ist in Ordnung, es nicht zu wissen.
Liebe Sabeth,
ich freue mich, von Dir zu hören. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute für deinen weiteren Weg.
Ich bin ebenfalls auf dem Weg und es fühlt sich sehr gut an, wo ich mich gerade befinde. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mir immer wieder Impulse, Lernaufgaben, vermeintliche Schwierigkeiten zeigen, wo noch Lernaufgaben liegen. Und wie erstaunt ich oft bin, dass das überhaupt noch Lernaufgaben sind. Das Leben hält schon einiges für uns bereit.
Und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich das Bewusstsein habe, vieles zu verstehen und zu erkennen.
Ich grüsse Dich herzlich Roswitha
Liebe Roswitha, so schön von dir zu lesen! Danke für deine guten Wünsche. Ja, manche Lernaufgaben bleiben länger als wir dachten – und darin steckt so viel Tiefe. Und die möchte ich für meinen Teil nicht missen 🙂 Alles Gute für deinen spannenden Weg und herzliche Grüße zu dir!